In vielen medizinischen Institutionen wird Patient/innen suggeriert, dass nur das Handeln nach Leitlinien das best mögliche Vorgehen sei. Ein sehr gute Definition und auch Einordnung findet sich hierzu bei Cochrane Deutschland
Leitlinien (guidelines) sind systematisch entwickelte Aussagen zur Unterstützung der Entscheidungsfindung von Ärzten, anderen im Gesundheitssystem tätigen Personen und Patienten. Das Ziel ist eine angemessene gesundheitsbezogene Versorgung in spezifischen klinischen Situationen.
Durch Leitlinien soll die Transparenz medizinischer Entscheidungen gefördert werden. Sie werden entwickelt, indem zu speziellen Versorgungsproblemen Wissen aus unterschiedlichen Quellen zusammengetragen und gewertet wird. Zudem ist eine Berücksichtigung und Diskussion gegensätzlicher Standpunkte und besonderer situativer Erfordernisse wichtiger Bestandteil der Leitlinienentwicklung.
Leitlinien entbinden den Arzt nicht von der Überprüfung der individuellen Anwendbarkeit im konkreten Fall, sie dienen lediglich als Entscheidungshilfen und sind rechtlich nicht verbindlich. Dies unterscheidet sie von Richtlinien.
Das Problem der Leitlinien ist, dass das zugrunde liegende Wissen oft schon 10 bis 20 Jahre alt ist. Leitlinien haben einerseits den Vorteil durch langjährige Erfahrungen (Studien) abgesichert zu sein, andererseits ist der hinterlegte wissenschaftliche Erkenntnisstand in de Regel nicht mehr aktuell ist. In manchen Bereichen der Medizin spielt das keine große Rolle. Aber gerade in der Onkologie sind die Entwicklungen so stürmisch, dass heute gültige Behandlungen morgen schon veraltet sein können. Deshalb muss der behandelnde Arzt ständig entscheiden, ob er im Einzelfall nach Leitlinien vorgeht oder diese ignorieren sollte. Dies gilt gilt besonders für neue Diagnose- und Therapiemethoden. Ein neues Verfahren kann nicht dadurch abgewertet werden, dass es (noch) nicht Teil einer Leitlinie ist. Patienten dürfen deshalb nicht zur Einhaltung von Leitlinien genötigt werden. Hier hat der Bundesgerichtshof eine klare Haltung:
…Gleichzeitig ist eine Verpflichtung zur „Leitlinienbehandlung“ gegen den Willen des Patienten (Selbstbestimmungsrecht) undenkbar.
Sie haben das Recht jede medizinische Empfehlung zu überdenken. Jeder Arzt sollte zu einer Behandlungsempfehlung auch immer eine Alternative anbieten können. Es geht immer um Ihre Gesundheit, für deren Erhalt Sie gutes Geld zahlen.
Sie sind der Boss!